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Bioimkerei Christoph Zahlingen

CORONA GENERELL UND INDIVIDUELL

Viel, sehr viel ist in der letzten Zeit zur Corona-Krise geschrieben worden, ich möchte hier in erster Linie nichts wiederholen und beschränke mich vorerst auf einige Gedankensplitter, werde die Ausführungen aber laufend ergänzen und erweitern. Wesentlich scheint mir, auch sonst im Leben, die Ereignisse auf unterschiedlichen Ebenen anzuschauen. Wie es in der Imkerei eben auch schlechte Honigjahre gibt, mit denen ich und die Bienen zurechtkommen müssen, an denen wir leiden oder auch scheitern können, so haben diese schlechten Jahre gleichzitig eine wichtige Funktion in Herausbildung und Erhaltung von Fähigkeiten und Stärken die sonst nicht entwickelt würden oder verloren gingen. Nachfolgend einige unsystematisch zusammengestellte Gedankensplitter:


1

Ei- und Samenzelle vereinigen sich, ein neues Wesen bildet sich: nach einigen rein quantitativen Zellteilungen kommt es zu einer Differenzierung in den eigentlichen Embryo einerseits und die Plazenta andrerseits. Beide haben ihren gemeinsamen Ursprung in der ersten noch ungeteilten Zelle. Sie brauchen einander und sind dennoch ein ungleiches Paar, die Plazenta nährt den Embryo der immer grösser wird während sie selbst mit der Geburt ihre Aufgabe erfüllt hat und aus dem Lebensprozess herausfällt während das Neugeborene jetzt ohne sie einem langen Leben entgegengeht. Es wäre völlig abwegig, daraus einen Vorwurf ableiten zu wollen oder die Plazenta für ihre Opferbereitschaft zu loben. Der geschilderte Prozess ist nicht für eine moralische Bewertung geeignet, er ist jedoch ein Bild für Entwicklungs- und Veränderungsprozesse schlechthin. Das höchst ungleiche Verhältnis zwischen Embryo und Plazenta zeigt, dass auch Ungleichheiten Teil eines sinnvollen grösseren Ganzen sein können und gegensätzliche Impulse einen gemeinsamen Ursprung haben können. So können auch die Rollen von Täter und Opfer unter diesem Aspekt betrachtet werden solange man, wo man zum Eingreifen aufgerufen ist, nicht vergisst, sie auch entsprechend ihrer Rolle zu behandeln.


2

Als ich etwa 12 oder 13 Jahre alt war, dachte ich viel über die Welt nach, das kann man sehr gut in diesem Alter. In langen wachen Stunden spann ich viele Überlegungen vor mich hin, und so überlegte ich mir auch, wie es möglich wäre, Macht über meine Mitmenschen zu erlangen und diese immer weiter auszubauen. Ich erkannte sehr deutlich, wie das grundsätzlich anzustellen wäre. In kurzer Zeit war ich in Gedanken zum Alleinherrscher der Welt geworden, da merkte ich aber, daß ich nun nur mehr Untertanen hätte und mir ein gleichwertiges Gegenüber fehlte. Diesen Weg wollte ich dann nicht mehr gehen, aus diesen jugendlichen Denkerfahrungen habe ich mir aber ein grosses Verständnis bewahrt für alle Verlockungen und Prinzipien eines solchen Weges.


3

In den über 70 Jahren seit dem 2.Weltkrieg dominiert im äusseren Leben eine gewisse Gleichförmigkeit, ein Wachstum in der Grösse, auch in der Vielfalt, aber grosse, weltumspannende oder qualitative Änderungen sind nicht manifest geworden. Dies beginnt sich nun, für viele doch sehr überraschend, zu ändern. - Bäume wachsen nicht in den Himmel, das wissen wir zwar, aber es ist eine nicht immer willkommene Wahrheit wenn es um die eigenen „Bäume“ geht, um die verschiedensten Errungenschaften in allen privaten und öffentlichen Bereichen. Wenn statt simplem Weiterwachsen eine konzeptuelle Erneuerung ansteht so ist das im Moment nicht immer angenehm und dennoch letztlich notwendig. In den verschiedenen Kulturkreisen wurde dieses Entwicklungsprinzip in unterschiedlichster Weise benannt und dargestellt: Erschaffen-drin leben-zerstören. Brahma – Vishnu – Shiva. Wie Kinder im Sand ihre Burgen erbauen, damit spielen und sie dann wieder vernichten. Der Beispiele sind viele. Mit dem Zerstören, dem Tod, dem Verzicht und allen Arten des Zurücknehmens haben wir es schwer.


4

im Februar 2021 hatte ich einen Traum in dem ich den gegen mich gerichteten Zwang sehr intensiv, existentiell und bedrohlich erlebte: Ich befinde mich in einer ländlichen Gegend und beobachte, wie Menschen gekidnappt werden. Ein übergrosser dunkel wirkender Mann packt die viel kleineren Menschen und trägt sie wie gelähmte Puppen in eine schäbige Baracke. Als Beobachter fühle ich mich sicher. Plötzlich ist der grosse, fast nackte Mann in meiner Nähe und ergreift mich wortlos. In der Baracke geht es links in einen Raum in dem auf Bänken entlang der Wand schon etliche Gefangene sitzen. Alle wirken in ihrer Initiative und Präsenz stark beeinträchtigt. Ich warte auf Rettung. Bemerkenswert ist, dass alle ziemlich unbekleidet sind. Männer und Frauen sitzen gleichmäßig verteilt, davon geht eine verführerische Annehmlichkeit aus. Einerseits kann ich mich dieser nicht ganz entziehen, andrerseits weiss ich, daß das nur Verlockungen des Anfangs sind die später verschwinden werden. Irgendwie gelingt es mir, meinen Platz zu verlassen und unerwartet befinde ich mich im Freien neben der Baracke, werde jedoch beobachtet und eine Flucht ist ausgeschlossen. Ich kann mich kaum bewegen und kaum sprechen, Worte und Gesten werden völlig verzerrt und machen mir grosse Mühe. Auch erkenne ich, dass es keine Rettung von aussen geben wird, es werden keine mutigen Journalisten oder Spaziergänger vorbeikommen, niemand weiss von den Ereignissen hier. Und wenn jemand vorbeikommt wird er sofort gefangengenommen. Gewöhnliche Maßnahmen können nicht greifen, Kraft, List und Verhandeln oder Aufrufe zum Widerstand sind keine geeigneten Mittel zur Befreiung. Ein neuer Bewacher erscheint, klein, rötlich und unansprechbar. Ich muss zu völlig anderen Mitteln greifen. Ich versuche, ein Kreuzzeichen über seinen Kopf zu machen. Meine Bewegungskraft ist so eingeschränkt daß ich die Form nur ganz zittrig und verzerrt in die Luft zeichnen kann. Als ich es zum dritten Mal in aller Unzulänglichkeit versuche bemerke ich zu meinem allergrössten Erstaunen wie stark die Wirkung dennoch ist. Der Mann verwandelt sich in mehrere kleine rote Untiere die an feinarmige Seesterne erinnern und deren Arme sich heftig bewegen. Schnell stubse ich die Tiere ohne sie zu berühren in ein Netz und Plastiksackerl und lasse möglichst viel Wasser abrinnen ohne dass die Tiere, die sich heftig bewegen, entweichen können. Ich merke jedoch, dass die Tiere immer grösser und stärker werden und ich sie bald kaum mehr im Sackerl halten kann. Ich suche nach Steinen oder ähnlichem um sie weiter gefangenhalten zu können, da wird mir aber schon klar, dass auch hier keine äussere Gewalt das richtige Mittel ist und nur die Magie eines starken Wortes oder Gebetes helfen kann. Auch dieses versuche ich zu sprechen. So kann ich dann die Bedrohung endlich abwenden. Im Hintergrund ist in mir immer auch das Wissen präsent dass die klare Erkenntnis, zu wissen wie „der Name des Gegners“ lautet und ihn aussprechen zu können für die Bewältigung der Aufgabe notwendig sind. So ist das Grauwerden abgewendet, das scheinbar umögliche nun doch möglich geworden.